Die Solinger Morgenpost berichtete am 9. Juli 1994:


Ganz schön heiß wird es über den Reibkuchenpfannen.


Keine Frage, den Damen schmecken die frischen Reibkuchen.


Auf die richtige Mischung und die Frische der Zutaten kommt es an.

Aus einer Idee am Bierstand wurde eine neue Existenz

 

Auch bei 40 Grad im Schatten:
Reibekuchen wie bei Muttern

 

 Von ANNEMARIE KISTER-PREUSS (Text) und MARTIN KEMPNER (Fotos)

 

Auf dem Walder Wochenmarkt gehen die Leute der Nase nach, um das Objekt der Begierde zu orten: den Reibekuchenstand von Horst Voos. Denn im Gegensatz zu den Märkten in Solingen und Ohligs, gibt es hier keinen festen Standplatz zum Verkauf der Köstlichkeit, und die Marktbesucher waren schon drauf und dran, eine Unterschriftenaktion in Sachen Reibekuchen zu starten, um regelmäßig mittwochs in den Genuß der Spezialität zu kommen. Bis zu 30 Kilogramm Kartoffeln, frisch gerieben an Ort und stelle mit den anderen Zutaten wie Eiern, Zwiebeln, Mehl und Salz vermischt, verbraten Horst Voos und seine Partnerin so an einem Markttag - und das bei jedem Wetter.

Erst seit knapp einem Jahr ist der Reibekuchenstand die neue Existenz von Horst Voos. "Die Idee hatten wir
am Bierstand auf dem Kotter Heimatfest", erzählt er im Gespräch mit der Morgenpost. Denn bei diesen Festen unter freiem Himmel war übereinstimmend zu beobachten, dass jene Stände, an denen Reibekuchen verkauft wurden, immer gut zu tun hatten. Das wär' doch was, dachte sich der ehemals selbstständige Unternehmer aus der Stahlwarenbranche, der, von der allgemeinen Wirtschaftskrise zur Aufgabe gezwungen, auf der Suche nach einem neuen Broterwerb war.

"Wir haben mit nichts angefangen", erinnert sich der 53-jährige, der sich zunächst auf die Suche nach einem geeigneten Verkaufswagen machte, dann die Einrichtung zusammenstellte und schließlich mit seiner Partnerin begann, die richtige Mischung für den Reibekuchenteig auszuprobieren. "Ich hatte den Geschmack der Reibekuchen, wie sie meine Oma und meine Mutter machten, noch genau auf der Zunge und so sollten auch unsere schmecken", erzählt Horst Voos. Wochenlang wurde gerieben, gewürzt und gebraten, bis man endlich zufrieden war mit dem Geschmack. Und selbst die Kartoffel-Reibemaschine wurde nach eigenen Vorstellungen verbessert, denn der Teig darf weder zu matschig, noch zu grob sein. Das Rezept ist schließlich so gut gelungen, dass nicht nur die Kundschaft Schlange steht, sondern auch so manche Hausfrau einen neugierigen Blick ins standinnere riskiert, um zu sehen, was so alles in die Teigschüssel kommt. Das genaue Rezept will Horst Voos natürlich nicht preisgeben, nur soviel kann er zum Erfolg seiner Reibekuchen sagen: Alles muß ganz frisch sein, jeden Tag wird das Öl in den beiden Brätern gewechselt, wobei das Altöl in der Müllverbrennungsanlage umweltgerecht entsorgt wird.

Nicht von Anfang an lief das Geschäft so gut, es gab auch Durststrecken. Zum Beispiel, wenn bei Trödelmärkten oder Festen die Standmiete fast höher war als die Einnahmen. Doch inzwischen kann Horst Voos auf treue Kundschaft zurückgreifen, der Verkauf auf den Wochenmärkten mit verhältnismäßig geringer Standgebühr läuft gut und so manches Kompliment geht über die Theke. Bewunderung für die Reibekuchenbäcker gibt es vor allem an heißen Tagen, wo die Temperaturen über den heißen Ölpfannen fast unerträglich werden. Doch auch dann werden die Marktkunden gewohnt freundlich bedient und so mancher nimmt seine schmackhafte Mahlzeit mit nach Hause. Wer will schließlich schon bei 34 Grad Außentmperatur an der heimischen Bratpfanne stehen?